Vor ein paar Monaten bin ich auf Rich Roll’s Buch „Finding Ultra“ gestoßen, und seitdem befasse ich mich intensiver mit Ultradistanzen. Da ich mir in den Kopf gesetzt habe, entweder nächstes Jahr oder im Mai 2025 den Ultraman Australia anzugehen, und wir neulich ein sehr schönes Interview mit Mental-Trainerin Isabelle Müller-Pál aufgezeichnet haben, ist auch das Thema „mentale Stärke trainieren“ in den Vordergrund gerückt.
Doch noch mal kurz zurück zum Ultraman. Was eine Triathlon-Langdistanz ist, wissen wir ja. Aber was der Ultraman ist, wusste ich bis vor Kurzem noch nicht. In drei Tagen (mit jeweils 12 Stunden Zeitlimit) folgen auf 10km Schwimmen noch 146km auf dem Rad an Tag 1, dann knapp 274km Radfahren an Tag 2 und ein schöner Doppel-Marathon über 84.5km an Tag 3. Das ist also mehr als die doppelte Ironman-Distanz – immerhin verteilt über drei Tage, aber das sind dennoch für die meisten Menschen kaum vorstellbare Distanzen.
Die mentale Stärke ist entscheidend
Schon bei meinen bisher drei Langdistanz-Finishes habe ich gelernt, dass es am Ende der Kopf ist, der dich ins Ziel bringt. Es kommt bei jeder Langdistanz irgendwann der Punkt, an dem der Körper nicht mehr wirklich kann oder will. Und dann geht es darum, das Gehirn auszutricksen und trotzdem weiterzumachen. Trotz Schmerzen und dem dringenden Gefühl, den ganzen Strapazen ein schnelles Ende zu bereiten. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn man sich vorher mentale Strategien zurecht legt, um sich in solchen Momenten auf Positives zu fokussieren, sich an besonders schöne Momente zurückzuerinnern oder auch das Ankommen an der Finish-Line zu visualisieren. Sich vorzustellen, wie man sich fühlt, wenn man nach vielen Monaten oder gar Jahren Training endlich angekommen ist. Was ich bei meinen mittlerweile 30 Triathlon-Rennen in diesem Zusammenhang auch noch gelernt habe:
- übe Selbstaffirmation: Rede dir gerade in schwierigen Momenten ein, dass du es schaffen wirst! Es kann auch helfen, das tatsächlich laut auszusprechen. Das mag während eines Rennens manchmal etwas lustig anmuten, aber wen interessiert es schon? Wenn es dir hilft, gut an die Ziellinie zu kommen, dann führe positive Selbstgespräche (Stichwort „positive Autosuggestion“).
- gewöhne dich an die Herausforderung: je mehr Challenges Du annimmst, desto besser kommst du mit neuen Herausforderungen klar. Nehme Challenges bewusst an, gehe bewusst mit dem Druck um, mit den damit verbundenen Gefühlen. Heutzutage bin ich zwar immer noch leicht aufgeregt vor großen Events, habe Respekt, aber keine lähmende Angst; ich freue mich eher auf den Wettkampf mit all seinen Höhen und Tiefen!
- consistency is key (auch dazu haben wir hier eine Folge aufgenommen): diszipliniere dich und trainiere über Wochen, Monate, Jahre hinweg. Das trainiert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die mentale Stärke, insbesondere auch das Unterbewusstsein. Es geht nicht darum, ein paar Monstereinheiten zu absolvieren, sondern vor allem über das Training über die Zeit, welches aus meiner Sicht den größten Unterschied macht.
- achte auf dein Umfeld: umgebe dich mit Menschen, die dich und deine („verrückten“) Ziele unterstützen. Wenn du Nörgler und „Bedenkenträger“ um dich scharst, dann kann das unnötige Hürden aufbauen. Orientiere dich an Menschen, die schon das erreicht haben, was du auch haben willst. In diesem Kontext kann ich sehr den neulich entdeckten 515: The Ultra Podcast empfehlen.
Lies im Artikel von Isabelle mehr darüber, wie du mentale Stärke trainieren kannst.
Ich hatte bei einigen Rennen echte Tiefpunkte, die mich im Rückblick aber noch viel stärker gemacht haben. So waren zum Beispiel beide Ironman 70.3 Rennen auf Cebu 2016 und 2017 Wettkämpfe, bei denen ich klar an meine Grenzen gestoßen bin und teures Lehrgeld bezahlt habe. Auch meine erste Langdistanz auf den Philippinen beim Tabuelan 226 war im Prinzip ein Desaster: schon auf dem Radkurs überhitzt, falsch ernährt, vermutlich auch nicht optimal trainiert, irgendwie ins Ziel gekommen. Aber immerhin nicht aufgegeben! Und das ging schon damals nur, weil ich viele Erinnerungen hatte, die ich mir ins Gedächtnis gerufen habe, um weiterzumachen.
Nach meinem ersten Ultramarathon im Dezember 2022 bin ich absolut überzeugt davon, dass ich auch den Ultraman finishen kann und es auch tun werde. Die Entscheidung darüber, wann ich das Projekt genau angehe, wird vermutlich nach dem Ironman Philippines am 11.6.23 fallen, nachdem ich hoffentlich gut im Ziel angekommen bin im Rahmen meiner vierten Langdistanz. Übrigens sind auch noch die Teilnahme beim Ironman Western Australia im Dezember angedacht sowie der Start beim Ironman Cairns im Juni 2024. Wie und ob das alles in den nächsten Monaten umsetzbar ist, steht noch auf einem anderen Blatt Papier, aber motiviert bin ich zu 100%.
In der Zwischenzeit werde ich auf jeden Fall weiterhin meine mentale Stärke trainieren, da ich auch vom Kopf her bestens auf die nächsten großen Rennen vorbereitet sein will.